Die Stadt Radevormwald hat die Anteile von Innogy.SE an der Stadtwerke Radevormwald GmbH (SWR.) übernommen und ist damit 100-prozentige Anteilseignerin.
Bisher hielt die Stadt 50,1 Prozent der Anteile, der Vertragspartner 49,9 Prozent. Das berichtet Bürgermeister Johannes Mans in einer Pressemitteilung. Auf das Verhältnis der Stadtwerke zu ihren Kunden hat die neue Gesellschaftsstruktur keinen Einfluss.
Die Stadt hatte die Stadtwerke 1893 als kommunales Gaswerk gegründet, 1898 kamen das Trinkwasser und 1998 parallel zur Umwandlung des Eigenbetriebs in eine GmbH das Stromnetz hinzu. Noch im Jahr 1998 verkaufte Radevormwald 49 Prozent ihrer Anteile an die RWE Energie Aktiengesellschaft, blieb damit aber Mehrheitseigentümer. Per Ratsbeschluss übertrug die Stadt im Jahr 2005 vor dem Umbau des „aquafun“ zum „life-ness“ die städtischen Anteile der Bäder GmbH. Auch im Konzern des Radevormwalder Geschäftspartners gab es im Laufe der Jahre verschiedene Umstrukturierungen, zuletzt im Jahr 2016, als die Anteile von RWE RWN auf Innogy.SE übergingen.
Change of Control-Klausel genutzt
Durch die Aufspaltung der Innogy.SE und einen geplanten Wechsel der Anteile zur E.ON SE bot sich im Jahr 2019 für die Stadt die Möglichkeit, eine „Change of Control-Klausel“ (Änderung der Beteiligungsverhältnisse) zu ziehen. Durch diese Klausel im Gesellschaftsvertrag konnte die Stadt die Anteile übernehmen. Im Dezember 2019 fasste der Stadtrat dazu den einstimmigen Beschluss. Jetzt kann der Bürgermeister den Vollzug des Rückkaufs bekannt geben. Die Rückführung der Anteile haben Christian von Hammerstein (Kanzlei Raue, Berlin) und Ben Schlemmermeier (LBD Berlin) im Auftrag der Stadt begleitet.
„Wir bedanken uns bei unseren früheren Vertragspartnern für die langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagt Johannes Mans stellvertretend für die Stadtverwaltung und Politik. 22 Jahre hätten die Vertreter der Gesellschafter die Geschicke der SWR. über Entscheidungen im Aufsichtsrat maßgeblich mitbestimmt. „Es gab dabei immer eine sachliche und von Erfolg geprägte Kooperation“, sagt der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Dietmar Busch, der für diese Aufgabe vom Stadtrat auch weiterhin nominiert worden ist.
Konsens herrscht bei den entscheidenden Gremien der Stadt, die SWR. jetzt in Eigenregie zu führen und vorerst keinen weiteren strategischen Partner zu suchen. Ausgeschlossen ist eine Kooperation in der ferneren Zukunft allerdings nicht.
Über die zukünftige Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums und auch die weitere Begleitung des jetzt stadteigenen Unternehmens soll in der März-Sitzung des Stadtrates entschieden werden. „Auch auf uns warten große Herausforderungen, weil die Entscheidungen des Aufsichtsgremiums jetzt von noch größerer Tragweite sind. Ich bin aber sehr optimistisch gestimmt, dass wir das im Zusammenspiel zwischen Verwaltung, Politik und Aufsichtsrat schaffen“, sagt Busch.
„Die Übernahme aller Anteile durch die Stadt birgt Chancen und Risiken. Dessen sind sich alle bewusst“, sagen der Bürgermeister und der neue Kämmerer Simon Woywod, der in die finalen Entscheidungsschritte mit eingebunden war. Für die Stadtverwaltung hat der Beauftragte für städtische Beteiligungen, Björn Borg, die Verhandlungen koordiniert.
SWR.-Geschäftsführer Thomas Behler sieht neben den klassischen Geschäftsfeldern Strom, Gas und Wasser zukünftige Aktivitäten auf den Feldern Digitalisierung und Dekarbonisierung (Abkehr vom Kohlenstoff). Auch demografische Faktoren werden zu neuen Herausforderungen führen. „Ich erwarte durch den Rückkauf der Anteile eine tiefgreifende thematische und organisatorische Neuausrichtung der Gesellschaft“, sagt Behler. Der Begriff Digitalisierung umfasst eine Breitbandanbindung und eine Datenerfassung und Verwertung aus dem öffentlichen Raum mit Überführung zur Stadt hin zur „smart city“. Da die Nutzung fossiler Brennstoffe sukzessiv verteuert wird, um die Klimaziele 2050 zu erreichen, wäre ein CO2 neutrales Wärmekonzept für das Neubaugebiet Karthausen ein weiterer Schritt.
Die SWR. widmet sich zudem einem Forschungsprojekt, unterstützt von regional ansässiger wissenschaftlicher Seite, um eine für die Kunden tragbare Weiterentwicklung der Wärmeversorgung in ganz Radevormwald zu entwickeln. „Die Stadtwerke möchten vor diesem Hintergrund ihre bereits seit 2012 begonnene regional, lokal und auf Nachhaltigkeit fokussierte Geschäftsentwicklung weiter vorantreiben“, sagt Behler.
Quelle: Stadt Radevormwald