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Presseschau 9. Februar 2021

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Diese Themen waren am 9. Februar 2021 Gegenstand von Berichterstattung in der Presse.

Rechtsextremismus

Mit der Härte des Gesetzes – zu den Übergriffen gegen sorbische Bürger

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem sorbischen Dorf in der Lausitz unterwegs. Mehrere Sorben fordern Sie auf, nicht deutsch zu sprechen, sondern sorbisch. Und nehmen gleichzeitig eine bedrohlich wirkende Pose ein. Unrealistisch? Sicher. Aber im umgedrehten Fall ganz sicher nicht.

Tatsächlich werden immer mal wieder Sorben angepöbelt, nur weil sie sich in ihrer Muttersprache unterhalten. In anderen Fällen lassen sorbenfeindliche Täter ihre Wut an zweisprachigen Ortstafeln aus, an Betsäulen oder schlimmstenfalls an Menschen. Ihrer Meinung nach sollten die Sorben vollständig im deutschen Volk aufgehen. Oder verschwinden. Nur mal zur Erinnerung: Die Sorben waren zuerst in der Lausitz heimisch. Die Deutschen kamen erst später im Zuge der Ostkolonisation des Hochmittelalters. Neben Zeiten eines auskömmlichen Neben- und Miteinanders gab es immer wieder Epochen der Unterdrückung der Sorben durch die Deutschen.

Durch die Industrialisierung der Lausitz ab dem 19. Jahrhundert wurde das Sorbische massiv zurückgedrängt. Bergbau und abgebaggerte sorbische Dörfer taten ihr Übriges. Und dennoch konnte sich das kleine, stolze Volk bis heute halten.

Warum können nicht endlich mal alle Lausitzer akzeptieren, dass Zweisprachigkeit ein Gewinn ist, und die Sorben genauso zur Lausitz gehören wie die Deutschen. Deshalb sollte der Gesetzgeber bei sorbenfeindlichen Straftaten nicht lange fackeln. Und die Täter zeitnah mit den Konsequenzen ihres Handeln mit aller Härte vertraut machen.

Quelle: Lausitzer Rundschau – www.lr-online.de

Mehr als 900 Angriffe auf Muslime und Moscheen im Jahr 2020

Anstieg trotz Corona-Beschränkungen – Linke: „Nur die Spitze des Eisbergs“

Osnabrück. Im vergangenen Jahr hat es wieder mehr Übergriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen wie Moscheen in Deutschland gegeben – und das trotz der Corona-Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Mindestens 901 islamfeindliche und antimuslimische Straftaten registrierten die Behörden bundesweit, das war ein Plus von knapp zwei Prozent gegenüber dem Jahr 2019 mit 884 Übergriffen. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) vorliegt. Die endgültigen Zahlen für 2020 dürften laut Links-Fraktion noch steigen, weil erfahrungsgemäß in den nächsten Wochen noch etliche Nachmeldungen dazukommen.

Bei den Taten wurden 48 Menschen verletzt. Das waren deutlich mehr als 2019, als 34 Menschen Verletzungen davontrugen, allerdings auch zwei Menschen starben. Die Behörden registrierten alleine in 77 Fällen Anschläge, Schmierereien und Schändungen auf und von Moscheen. In den meisten Fällen waren die Täter Rechtsextreme.

Damit hat sich der seit zwei Jahren anhaltende Anstieg fortgesetzt. 2018 waren es 824 Taten gewesen, 2019 genau 884 und 2020 nun 901 Taten. Nur zuvor, im Jahr 2017, als die Behörden zum ersten Mal Daten zu islamfeindlichen Straftaten ausgewertet haben, hatten die Behörden mit 950 Straftaten noch deutlich mehr registriert.

Zu den erfassten Straftaten zählen etwa Hetze gegen Muslime oder muslimische Flüchtlinge im Netz (sogenannte Hasskommentare), Drohbriefe und Angriffe auf Kopftuch tragende Frauen oder erkennbar muslimische Männer auf der Straße. Zudem gehören auch Sachbeschädigung und Nazi-Schmierereien an Häusern und Moscheen dazu. Über die Höhe der Schäden hatten die Behörden keine Erkenntnisse.

Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte der „NOZ“: „Wir haben es bei den gemeldeten Straftaten nur mit der Spitze des Eisberges zu tun.“ Denn obwohl es wegen der Corona-Auflagen weniger Gelegenheit für Straftaten im öffentlichen Raum gab, seien die Zahlen angestiegen. Zudem werde ein Großteil der Übergriffe von Betroffenen aus Scham oder Scheu vor den Behörden gar nicht erst zur Anzeige gebracht. Jelpke forderte ein wirksames Antidiskriminierungsrecht, „damit es nicht nur bei Lippenbekenntnissen im Kampf gegen die Diskriminierung von Muslimen bleibt“.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Gesellschaft

Kirchenrechtler nennt Vatikan-Entscheidung zu Kölner Kardinal Woelki „Willkürjustiz“

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hat die offenbar im Vatikan getroffene Entscheidung, auf die Untersuchung eines Vertuschungsvorwurfs gegen den Kölner Kardinal Rainer Woelki zu verzichten, scharf kritisiert. „Die Glaubenskongregation ignoriert auf groteske Weise die im Jahr 2010 von Papst Benedikt XVI. festgelegten Rechtsnormen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch“, sagte Schüller dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe). „Um Woelki zu retten, wird der frühere Papst geopfert, seine Gesetzgebung ad absurdum geführt. Das ist Willkürjustiz, die den Namen ‚Recht‘ nicht mehr verdient.“

Nach Meldungen verschiedener Medien plant der Vatikan keine kirchenrechtlichen Schritte gegen Woelki, der 2015 den Missbrauchsverdacht gegen einen mit ihm befreundeten Priester nicht untersucht und nicht nach Rom gemeldet hatte. Nach Ansicht Schüllers und einer Reihe weiterer Kirchenrechtsprofessoren war dies ein Verstoß gegen päpstliche Normen, deren Verletzung Papst Franziskus zuletzt mit scharfen Sanktionen bedroht hat. „Papst Benedikt hat 2010 eine kategorische Pflicht für Bischöfe erlassen, jeden Missbrauchsfall nach Rom zu melden. Diese Vorschrift ist kategorisch. Es gibt hier keinen Ermessensspielraum“, betonte Schüller. Die vatikanischen Behörden verwiesen dagegen auf eine erst seit 2020 bestehende strenge Meldepflicht. Woelki habe demnach keine Pflichtwidrigkeit begangen, als er den fraglichen Fall 2015 nicht nach Rom weitergab. „Ob es klug war“, den Fall nicht zu melden, sei „allerdings eine andere Frage“, hieß es dazu aus der römischen Kurie.

Politik

Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zu SPD/Olaf Scholz

Und über allem liegt bleiern Corona. Da mögen Wahlprogramme noch so ausgewogen oder zugespitzt sein – der Wahlausgang wird sich im September an der Pandemie-Front entscheiden. Ob ausgerechnet der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz stärker als andere von einem glücklichen Ende profitieren wird, ist fraglich. Dass auch er sich bei weiteren Lockdowns nicht aus der Mitverantwortung abseilen kann, ist sicher. Der jüngste Versuch, den Mindestabstand zur Union mit Hilfe der SPD-geführten Länder zu vergrößern, hat jedenfalls zur Schärfung des Profils wenig beigetragen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten – www.stuttgarter-nachrichten.de

Bedingt einsatzbereit

Tatsächlich hat sich nichts zum Besseren gewendet. Die Bundeswehr leidet an eklatanten Ausrüstungsmängeln, die mit Geld ebenso zu tun haben wie mit einem anhaltend beklagenswerten Beschaffungsmanagement. Das beginnt bei Gewehren und hört bei Transportkapazitäten nicht auf. Die Truppe ist nur bedingt einsatzbereit und kann den USA bei der realen Lastenteilung wenig anbieten. Dass sich die Lage bessert, darf bezweifelt werden. Die ökonomische Situation dürfte im Zuge der Corona-Krise bescheiden bleiben. Während die Steuereinnahmen sinken, steigen die Ausgaben. Dass Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nun ausgerechnet den Streitkräften mehr von dem knapper werdenden Geld gibt, ist unwahrscheinlich. Abgesehen davon, dass die Zahlen die Zweifelhaftigkeit des Zwei-Prozent-Ziels der Nato demonstrieren: Wenn die Truppe den Status quo sichern kann, darf sie sich schon glücklich schätzen.

Quelle: Frankfurter Rundschau – www.fr.de

Mitteldeutsche Zeitung zu Bundeswehr und Nato

Es stimmt, weil der Verteidigungsetat nur 46 Milliarden Euro beträgt, also sieben Milliarden Euro aus anderen Töpfen dazu gerechnet werden. Noch dubioser ist, dass der Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung von 1,36 auf 1,57 Prozent gewachsen sein soll. Rein rechnerisch mag das richtig sein – aber nur, weil die Wirtschaftsleistung abgenommen hat. Tatsächlich aber hat sich nichts zum Besseren gewendet. Die Bundeswehr leidet an eklatanten Ausrüstungsmängeln, die mit Geld ebenso zu tun haben wie mit dem beklagenswerten Beschaffungsmanagement. Das beginnt bei Gewehren und hört bei Transportkapazitäten nicht auf. Die Truppe ist nur bedingt einsatzbereit und kann den USA bei der realen Lastenteilung wenig anbieten.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Mitteldeutsche Zeitung zum Postporto

Die Bundesregierung will mit einer Änderung des Postgesetzes die Regeln so ändern, dass das Porto fast automatisch weiter steigt. Das kann nicht nur für Briefeschreiber zu einem Ärgernis werden. Wichtiger ist: Es besteht die Möglichkeit, dass die Post mit den Briefen dank des hohen Portos so hohe Gewinne erzielt, dass sie damit dauerhaft die Paketsparte DHL subventionieren kann. Das würde den Wettbewerb in diesem Geschäft verzerren und könnte letztlich dazu führen, dass DHL seine Stärke nutzt, um auch dort höhere Preise durchzusetzen. Deshalb braucht es mehr denn je eine Art Gefahrenabwehr, die leicht umsetzbar wäre: mit klareren Regeln. Die Kosten des Briefgeschäfts müssen transparenter werden, und die Gewinne in diesem regulierten Bereich müssen auf das notwendige Maß beschränkt werden.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Corona

Nordrhein-Westfalen erlaubt siebte Impfdosis aus Biontech-Ampullen

In Nordrhein-Westfalen könnten in den kommenden Wochen bei gleichbleibendem Einsatz von Impfstoff mehr Menschen geimpft werden als zuletzt geplant. Wie das Gesundheitsministerium dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Mittwoch-Ausgabe) bestätigte, dürfen ab sofort sieben statt sechs Impfdosen aus einer Ampulle der Hersteller Biontech und Pfizer gezogen werden. Die Anpassung gelte allerdings unter Einschränkungen: Der Impfstoff aus verschiedenen Ampullen darf nicht vermischt werden. Zudem ist die siebte Dosis nur einzusetzen, sofern noch mindestens 0,3 Milliliter des Vakzins in der jeweiligen Ampulle übrig sind.

Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Köln, begrüßte die Entscheidung: „Wir können nun aus jeder Ampulle sieben statt sechs Dosen gewinnen, das sind 14 Prozent mehr. Die Anpassung war überfällig.“

Offiziell enthält eine Ampulle des Impfstoffs von Biontech/Pfizer zwei Milliliter des Vakzins. Die Ampullen werden jedoch laut NRW-Gesundheitsministerium „aus technischen Gründen regelhaft überfüllt“. Dadurch ist es bei einem sorgfältigen Umgang möglich, eine siebte Ampulle zu gewinnen. Bis Anfang des Jahres durften aus den Ampullen lediglich fünf Dosen gewonnen werden. Die Umstellung von fünf auf sechs Dosen führte allein in Köln dazu, dass bereits in den ersten beiden Januarwochen 571 Intensivärztinnen, Pfleger sowie Rettungskräfte zusätzlich geimpft werden konnten.

Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zur Corona-Politik in Bund und Ländern

Vor zehn Monaten warnten Virologen vor einer zweiten Corona-Welle im Herbst. Logisch, dachte man sich da, dass Lehrer deshalb mit Laptops überschwemmt, in digitalen Unterrichtsformen fortgebildet werden. Dass der Datenschutz für den Kampf gegen Corona auf den Prüfstand gestellt wird. Dass die vermeintliche Coronapause im Sommer genutzt wird, um auf schlimmste Entwicklungen eingestellt zu sein. Pustekuchen!

Mitten in der Krise kann man keinen handelnden Akteur austauschen? Doch! Man kann nicht nur, man muss. Kein insolventer Geschäftsmann, kein Infizierter, kein Toter gibt Pardon, weil für einige Politiker die Krise zur Lehrstunde wird. Man kann Krise, oder eben nicht. Politische Größe ist, seinen Schreibtisch für fähigere Nachfolger oder Nachfolgerinnen zu räumen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten – www.stuttgarter-nachrichten.de

nd.DerTag: Impfen jetzt neu in der Trickkiste

Kommentar zu einem Arbeitgeber-Vorschlag für die Pandemie-Beratungen von Bund und Ländern.

Großunternehmen sollten auch impfen, so Arbeitgeberpräsident Dulger vorab zu den Beratungen von Bund und Ländern. Natürlich nur ihre Belegschaften und auch erst dann, wenn genügend Impfstoff da ist. Die Betriebsärzte sollten dann aktiv werden und das Ganze sei zur Ergänzung der staatlichen Infrastruktur gedacht. Eine gute Idee, möchte man meinen, dann ginge es schneller vorwärts mit der Immunisierung im ganzen Land.

Ob Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften die Initiative auch begrüßen, ist fraglich. Denn nicht jeder will geimpft werden, und noch geringer dürfte die Bereitschaft sein, den Impfstatus als Beschäftigungsvoraussetzung zu begrüßen. Wer den Unternehmen jetzt die Chance gibt, sich in dieser Frage in die Gesundheitspolitik einzumischen, öffnet eine Tür, die später vielleicht nicht mehr zu schließen ist – mit anderen Worten, die Hintertür für Privilegien von Geimpften. Zugleich wäre es ein Präzedenzfall für den Zugang zu Gesundheitsdaten von Beschäftigten.

Wenn Unternehmen schon die Gesundheit ihrer Belegschaften fördern wollen, gibt es dafür noch eine Menge anderer Möglichkeiten: Die nötigen Hygienemaßnahmen in der Pandemie konsequent umsetzen, auch wenn hier kaum kontrolliert wird. Eltern bei der Kinderbetreuung unterstützen oder mehr Freiraum für die Pflege von Angehörigen einräumen.

Nicht zuletzt: Arbeitsplätze sichern. Denn die Impfidee war nicht der einzige Punkt in der Stellungnahme der Arbeitgeberverbände. Zugleich warnte Dulger nämlich vor Stellenabbau, falls Bund und Länder kein Öffnungsszenario für die Zeit nach dem Lockdown beschließen würden. Das Angebot zur Immunisierung ist also nur ein schwacher Köder dafür, der Wirtschaft den Zugang zu Produzenten und Konsumenten schnell wieder frei zu machen.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Masken sollen wie Warnwesten in Autos Pflicht werden

Autofahrer sollen offenbar dazu verpflichtet werden, künftig zwei Masken in ihrem Fahrzeug dabei zu haben. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ (Dienstag) berichtet, plant das Bundesverkehrsministerium eine „Mitführpflicht“ von Mund-Nase-Bedeckungen auch für die Zeit nach der Corona-Pandemie. Das geht aus einer Stellungnahme des Ressorts an den Petitionsausschuss des Bundestages hervor, die der Zeitung vorliegt.

Demnach will sich das Ministerium an den Regelungen für Warnwesten orientieren. Auch für sie gilt eine „Mitführpflicht“, Verstöße können dann mit einem Bußgeld von 15 Euro geahndet werden. In der Stellungnahme heißt es, eine solche Vorgabe sei schneller umzusetzen als Masken für den Verbandskasten vorzuschreiben.

Geplant ist laut Zeitung nun, die „Mitführpflicht“ von zwei Mund-Nase-Bedeckungen in die nächste Änderung der Straßenverkehrszulassungsordnung einzuarbeiten.

Quelle: Saarbrücker Zeitung – www.saarbruecker-zeitung.de

„Lockerungen sollten auch bei höheren Werten möglich sein“

Städte- und Gemeindebund NRW: Inzidenz von 50 darf kein Fetisch sein.

Vor dem Bund-Länder-Gipfel zur Corona-Strategie hat der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Christof Sommer, davor gewarnt, Lockerungen vom Erreichen einer Sieben-Tages-Inzidenz von 50 abhängig zu machen. „Wir müssen die Gesamtsituation im Blick haben. Klar ist: Die Zahlen müssen sinken. Der Inzidenzwert von 50 darf aber kein Fetisch sein“, sagte Sommer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag-Ausgabe). „Entscheidend ist die Kontrolle“, fügte er hinzu. „Wenn das Infektionsgeschehen nicht diffus ist und man Ausbruchsherde identifizieren kann, sollten Lockerungen auch bei höheren Werten möglich sein“, sagte Sommer. Ein wichtiger Faktor sei die Auslastung des Gesundheitswesens.

Ende der Ausgangssperren: Kein Ruhmesblatt

Kommentar von Jens Schmitz

Gesundheitsminister Manfred Lucha hatte regionale Lockerungen der nächtlichen Ausgangsbeschränkungen explizit ausgeschlossen. Nun kommen sie per Gerichtsentscheid; das ist kein Ruhmesblatt für die Landesregierung. Ein Freifahrtschein ist es aber auch nicht: Auf Kreise mit hoher Inzidenz kommt nun mehr Eigenverantwortung zu. Auf die Bürgerinnen und Bürger aller anderen Gebiete erst recht.http://www.mehr.bz/khs40i

Quelle: Badische Zeitung – www.badische-zeitung.de

Grüne sehen Versäumnisse bei Erforschung der Virus-Übertragung

Vor Corona-Gipfel: Grünen-Politiker fordern 500-Millionen-Euro-Paket für Medikamente – Versäumnisse machten „längeren, allgemeinen Lockdown nötig“

Osnabrück. Vor dem nächsten Corona-Gipfel von Bund und Ländern am Mittwoch haben führende grüne Gesundheits- und Forschungspolitiker die Bundesregierung aufgefordert, mehr Forschung zur Wirksamkeit der Corona-Maßnahmen zu veranlassen. „Es findet kein systematisches, wissenschaftliches Monitoring zur Wirksamkeit einzelner Eindämmungsmaßnahmen statt. Diese Versäumnisse machen einen längeren, allgemeineren Lockdown nötig“, heißt es in einem Papier der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Maria Klein-Schmeink, des forschungspolitischen Sprechers Kai Gehring und der Sprecherin für Pflegepolitik, Kordula Schulz-Asche, das der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vorliegt.

Es sei nach wie vor nicht bekannt, wie Übertragungen unter bestimmten Umständen stattfinden. „Für eine differenzierte und verantwortungsvolle Öffnung müssen diese Forschungsfragen schleunigst adressiert werden“, fordern die Grünen-Politiker. „Die Bundesregierung hat versäumt, die Virus-Übertragung in speziellen Umfeldern wie dem öffentlichen Nahverkehr oder der Schule gezielt und systematisch erforschen zu lassen“, kritisiert Kai Gehring in der „NOZ“. Um neue Virus-Varianten frühzeitig zu entdecken und nachverfolgen zu können, fordern die Grünen-Politiker, PCR-Tests flächendeckend auf die Varianten zu untersuchen. Die Gesundheitsämter müssten personell besser unterstützt werden, „damit die Schwelle möglicher Kontaktnachverfolgungen nicht noch ein weiteres Jahr bei 50 Fällen pro 100 000 Einwohner liegt, sondern weiter angehoben werden kann“.

Die Grünen fordern außerdem ein Förderprogramm in Höhe von 500 Millionen Euro, um wirksame Medikamente gegen Covid-19 zu entwickeln. „Bei der Impfstoffverteilung kommt es zu immer neuen Verzögerungen, und der Zeitplan der Impfstrategie wird immer wieder aufs Neue gestreckt. Das verdeutlicht, dass wirksame Medikamente gegen Covid-19 noch lange Zeit zentral für die Eindämmung der Pandemie sein werden“, heißt es in dem Papier. Auch bei der Erforschung von Langzeitfolgen von Covid-19 hinke Deutschland hinterher. „Hier brauchen wir endlich umfangreichere Erkenntnisse, um eine angemessene Versorgung und Nachbehandlung von Covid-19-Patienten sicherzustellen“, fordert Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink in der „NOZ“.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Impfvordrängler bestrafen

In Deutschland wird beim Impfen getrickst. Von Carolin Nieder-Entgelmeier.

Sie kosten pro Dosis nur 1,78 Euro bis 14,70 Euro, trotzdem gilt der Impfstoff gegen das Coronavirus als flüssiges Gold. Denn ohne die Immunisierung großer Teile der Bevölkerung ist an ein Ende der Pandemie nicht einmal zu denken. Doch noch ist der Impfstoff in Deutschland knapp, weshalb aktuell ausschließlich Menschen geimpft werden, die aufgrund ihres Alters, Vorerkrankungen oder Berufs einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sind. Diese Impfreihenfolge verfolgt das Ziel, möglichst viele weitere Todesopfer durch die Pandemie zu verhindern. Umso niederträchtiger ist das Verhalten von Menschen, die sich entgegen dieser Reihenfolge Impfungen erschleichen. Beim Impfen gegen das Coronavirus wird auch in Deutschland getrickst. Auffällig dabei: Bei den meisten Vordränglern handelt es sich um Politiker, Funktionäre, Klinikchefs und andere Menschen, die sich in dem System auskennen und wissen, wann und wo sie sein müssen, um von überschüssigen Impfstoffdosen in Altenheimen profitieren zu können. Danach heißt es dann stets: Wären wir und unsere Ehepartner nicht geimpft worden, hätte der Impfstoff vernichtet werden müssen. Sie verkaufen sich als selbstlose Impfstoffretter, während in Kliniken sogar auf Intensivstationen noch Personal auf Impfstoff wartet.

Richtig ist, dass keine einzige Dosis dieses raren Guts verschwendet werden sollte. Überschüssige Impfdosen dürfen auch weiterhin in keinem Fall vernichtet werden. Doch dafür muss es eindeutige, bundesweit geltende Regeln geben – ohne Schlupflöcher. Wenn es möglich ist, klare Impfkriterien zu schaffen, dann ist es auch möglich, ein verbindliches Verfahren mit offiziellen Wartelisten zu entwickeln, damit von überschüssigen Impfdosen die profitieren, die sie am dringendsten benötigen. Allein in NRW gibt es noch Tausende Menschen in der ersten Prioritätengruppe, die noch nicht geimpft wurden. Und noch einfacher ist es zu verhindern, dass Altenheime oder andere Einrichtungen mehr Impfstoff bestellen, als sie benötigen. So könnte die Politik Missbrauch verhindern, doch anstatt endlich Vorgaben zu schaffen und das verachtenswerte Verhalten von Amtsträgern und anderen öffentlich anzuprangern, spricht die Politik unisono von Einzelfällen. Dabei ist es nicht entscheidend, wie viele Menschen sich so schändlich verhalten, da jeder Fall Vertrauen kostet und letztlich der Impfbereitschaft schadet. Deshalb muss jeder Missbrauch streng sanktioniert werden. Doch auch davon ist aus der Politik nichts zu hören, weshalb die Zahl der Impfvordrängler weiter steigen wird. Sie haben bis auf eine kurze öffentliche Empörungswelle ja auch nichts zu befürchten.

Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) – www.nw.de

Corona-Machtkampf spitzt sich zu

Bund und Länder liefern sich erneut einen Streit um die künftige Strategie. Dadurch werden schnelle, praktikable und sinnvolle Lösungen verhindert. Von Eva Quadbeck.

Das Spiel ist inzwischen bekannt: In der Woche vor einer Ministerpräsidentenkonferenz, in der über die weiteren Corona-Regeln entschieden werden soll, türmen die Länder Forderungen, Ideen und Hoffnungswerte auf, die sich aus der regionalen Sicht ergeben. Derweil blickt das Kanzleramt aus der Vogelperspektive auf die Infektionszahlen im gesamten Bundesgebiet und kommt zu ganz anderen Schlüssen. Die Fronten bauen sich auf wie in dieser Woche das kalte Hochdruckgebiet und das warme Tiefdruckgebiet, die am Ende große Teile Deutschlands ins Schneechaos gestürzt haben.

Erschwerend kommt hinzu, dass den Landesregierungen Wirtschafts- und Sozialverbände, Lehrerschaft und Eltern, Kulturschaffende und viele andere auf den Füßen stehen und für die jeweilige Gruppe Hilfen oder Lockerungen einfordern. Ganz zu schweigen von jenen Landesregierungen, die sich in diesem Jahr einer Wahl stellen müssen und unpopuläre Entscheidungen unbedingt vermeiden wollen. Im Kanzleramt hingegen sitzen mit der Kanzlerin und ihrem Kanzleramtsminister zwei Naturwissenschaftler, die nüchtern auf Kurven schauen und den Rat weiterer Wissenschaftler dazu einholen. Ach, und eine Wahl gewinnen, muss die Kanzlerin auch nicht mehr. Sie hat eher ein Interesse daran, dass in den Geschichtsbüchern stehen wird, sie habe zu keinem Zeitpunkt leichtfertig gehandelt.

So geht das schon ein ganzes Pandemie-Jahr lang. Die Interessenkonflikte zwischen Bund und Ländern sind vielschichtig und inhaltlich nachvollziehbar. Diese Frontstellung allein ist schon schwierig genug. Das Dickicht des deutschen Föderalismus und seine mangelnde Praktikabilität auf vielen Feldern macht die Lage zudem unnötig kompliziert.

Es beginnt bei der sogenannten Ministerpräsidentenkonferenz, die im Abstand von jeweils wenigen Wochen inzwischen das komplette öffentliche Leben bestimmt. In der Verfassung findet sie neben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat allerdings keine Erwähnung.

Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: Not kennt kein Gebot. Der große Nachteil dieser Ministerpräsidentenkonferenz aber ist, dass sie anders als die verfassungsmäßigen Gremien keinen Spielregeln unterliegt. Ihre Beschlüsse können umgesetzt werden oder auch nicht. Wer das Sagen hat, wird bei jedem Treffen neu ausgekämpft. Aus diesem Grund können diese Runden, die zu allem Überfluss auch noch stets als vertraulich eingestuft werden, es aber niemals bleiben, nicht zu befriedigenden Ergebnissen führen.

Dieses Agieren zwischen den Regierungen von Bund und Ländern ist leider typisch für die Organisation des Föderalismus insgesamt. Obwohl das Verhältnis zwischen Bund und Ländern ein Dauerbrenner auf der politischen Tagesordnung ist, gibt es keine zufriedenstellende Regelung. Gleichgültig, ob es um die Bekämpfung einer historischen Krise wie der Corona-Pandemie geht, ob das Bildungssystem verbessert, die Krankenhauslandschaft neu organisiert, Datenschutz gewährleistet werden soll oder das Land vor Terror geschützt werden muss, immer sind Bund-Länder-Zuständigkeiten im Weg, schnelle, praktikable und sinnvolle Lösungen zu finden.

Die Pandemie ist also keineswegs Auslöser oder Ursache für die schlecht funktionierenden Abläufe und Abstimmungen zwischen Bund und Ländern. Sie wirft nur ein Schlaglicht auf den vorhandenen Reformbedarf. Das Thema wird man sich nach der Pandemie vornehmen müssen. Die Bildungspolitik, in der es noch nicht einmal gelingt, dringend benötigtes und bereitgestelltes Geld für die Digitalisierung der Schulen unters Volk zu bringen, gehört zu den Bereichen, in denen sich Bund und Länder dringend verständigen müssen.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung – www.mittelbayerische.de

Wirtschaft

Lichtblicke

Kommentar von Ralf Heidenreich zu Exporten

Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise sind heftig und werden uns noch lange begleiten. Vielen Kleinunternehmen etwa in Gastronomie oder Handel hat sie sogar die Existenz gekostet. Das ist bitter. Allerdings gibt es auch Lichtblicke. So wurden zu Beginn der Pandemie, wahrscheinlich auch bedingt durch den Schock, die gesamtwirtschaftlichen Folgen gravierender eingeschätzt, als sie es nun tatsächlich sind. So wurde zum Beispiel befürchtet, dass Corona womöglich noch schlimmere Konsequenzen haben würde als die Finanzkrise des Jahres 2008. Diese Prognose hat sich etwa für die Exporte glücklicherweise nicht bestätigt, wie die jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes belegen. Auch andere bedeutende Wirtschaftsnationen kommen besser als erwartet durch die Krise. Die USA zum Beispiel oder China. Die Volksrepublik hat bei den Exporten das Vorkrisenniveau sogar schon wieder erreicht. Solche Entwicklungen bergen allerdings auch eine große Gefahr, nämlich schnell wieder zur Tagesordnung überzugehen. Was nicht passieren darf. Vielmehr müssen die richtigen Schlüsse gezogen werden. Dazu gehört zum Beispiel die Einsicht, dass es der Exportnation Deutschland nur dann gut gehen kann, wenn auch in anderen Ländern das Virus beherrscht wird und sich dort die Wirtschaft positiv entwickelt. Dazu gehört aber auch ein geschärftes Bewusstsein, dass bei den Lieferketten die Abhängigkeit von China unbedingt reduziert werden muss. Und dass die Produktionskosten zwar ein enorm wichtiger Faktor sind, aber eben nicht der alles Entscheidende.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz – www.allgemeine-zeitung.de

Friseurhandwerk fordert „klare Öffnungsperspektiven“

Vorsitzender des Zentralverbands möchte nach Corona-Gipfel verbindlich wissen, „wann wir dran sind“

Osnabrück. Der Vorsitzende des Zentralverbands des Friseurhandwerks, Harald Esser, erwartet vom Bund-Länder-Treffen an diesem Mittwoch (10.2.) „endlich klare Öffnungsperspektiven“ für seine Branche. „Viele Menschen haben das Bedürfnis, zum Friseur zu gehen. Wir möchten endlich verbindlich wissen, wann wir dran sind“, sagte Esser der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Die Friseure stünden bereit, Hygienekonzepte seien überarbeitet worden. „Wir wollen Planungssicherheit. Wir wollen wissen, ab welcher Inzidenz wir öffnen dürfen“, sagte er.

Der Verbandschef drängt außerdem darauf, dass die Überbrückungshilfe III so schnell wie möglich ausgezahlt wird. „Wir sind seit Dezember geschlossen, aber alle Kosten laufen weiter. Wir haben noch nicht einen Cent an Hilfen erhalten“, so Esser weiter. Die Hilfen müssten auch dann ausgezahlt werden, wenn die Friseure wieder geöffnet hätten, weil sie mit den Hygienekonzepten nur 40 Prozent ihrer Kundenplätze belegen könnten.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Das Bauernopfer

Ein Kommentar von Thomas Spengler zu Grenke

Jetzt also doch! Nachdem die von der Grenke AG selbst beauftragten Prüfer eine Mängelliste bei Compliance und interner Revision zusammengetragen haben, muss mit Mark Kindermann der zuständige Vorstand den Leasingspezialisten verlassen. Fraser Perring, der mit seiner Investorentruppe Viceroy das Unternehmen in Baden-Baden massiv unter Druck gesetzt hat, kann jubilieren. Sollte er mit der Grenke-Aktie noch short ge­wesen sein, konnte er nach dem gestrigen Börsentag seine Marge abschöpfen. Keine Frage, Perring geht als Sieger aus dem Scharmützel hervor. Und auch wenn Grenke kein zweites Wirecard werden sollte, drohen sonst nur Verlierer übrig zu bleiben.

Da ist der Firmengründer Wolfgang Grenke. Kindermann ist nicht irgendwer im Hause Grenke. Bereits seit 1990 im Unternehmen und seit 2006 Mitglied des Leitungsgremiums ist er einer, den der Firmengründer lange genug kennen müsste, um seine möglichen Schwächen zu kennen. Konnte der Selfmademan also tatsächlich jahrzehntelang seine Governance vernachlässigen, ohne dass ihn so richtig jemand kontrolliert hätte?

Da ist auch Ernst-Moritz Lipp, der als ehemaliges Vorstandsmitglied der Dresdner Bank einen Ruf zu verlieren hat – bringt er doch genügend Expertise mit, um den Aufsichtsrat der Grenke AG erfolgreich zu führen. Ihm dürfte sehr daran gelegen sein, dass die jüngsten Rochaden im Vorstand des Leasingspezialisten eine neue Unternehmenskultur einziehen lassen, die von klaren Strukturen und hoher Transparenz geprägt sein mag.

Und da sind schließlich die Aktionäre, die größte Gruppe der Verlierer. Nachdem der Aktienkurs von Grenke gestern unter das Niveau vom September, der Zeit nach der Leerverkaufsattacke von Perring, gefallen ist, müssen sie sich auf einen langen Atem einstellen. Vor dem Hintergrund ist Kindermann zu­nächst nur ein Bauernopfer, mit dem man Zeit gewinnen kann. Sollten die Gutachter im Hause Grenke aber weiter Unerfreuliches zutage fördern, müsste sich auch der Firmengründer fragen lassen, ob er denn sein Aufsichtsratsmandat, das er derzeit ruhen lässt, tatsächlich wieder aufnehmen will.

Für Beobachter war die Demission von Kindermann überfällig. Zu lange hatten sie fehlende Transparenz moniert. Am Ende bleibt zu hoffen, dass das Vertrauen der Kunden und Aktionäre des Unternehmens nicht in seinen Grundfesten erschüttert ist, sondern zurückgewonnen werden kann. Mit dem neu aufgestellten Vorstand ist zu­mindest ein wichtiger Schritt für einen Neubeginn gemacht.

Quelle: Börsen-Zeitung – www.boersen-zeitung.de

Hintergrund: Fraser Perring hat die Grenke AG im September 2020 der Bilanzfälschung und Geldwäsche bezichtigt. Er vermutete einen Bilanzskandal im Range von Wirecard oder Steinhoff (ehemals Poco et al.) und hielt rund eine Milliarde Euro aus der Bilanz für nicht existent. Laut Grenke AG seien zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung 850 Millionen Euro als Guthaben bei der Bundesbank als liquide einzustufen. Dennoch fiel der Aktienkurs von Grenke innerhalb von zwei Tagen um rund die Hälfte. Daraufhin stieg sie im Dezember 2020 in den SDAX ab. Nun der Rücktritt von der Kindermann – es bleibt spannend. (SvG)

Politik muss Firmen im Lockdown eine Perspektive aufzeigen

Ein Kommentar von Holger Dumke zum Vorstoß von Industrie- und Handelskammern aus dem Rheinland.

Sinkende Neuinfektionszahlen einerseits, eine kaum abzuschätzende Gefahr durch Virusmutationen andererseits: Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten stehen bei ihrer neuerlichen Corona-Runde vor schweren, ganz schweren Beratungen. Sie sollten es nicht versäumen, Wege nicht nur für Schulen aus dem Lockdown aufzuzeigen – auch wenn Beschränkungen zunächst verlängert werden.

Rufe nach Lockerungen mehren sich, nun stimmen Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus dem Rheinland ein. Ihr Appell ist wohl formuliert, um eine „Perspektive“ geht es, nicht um überstürzte Öffnungen morgen oder übermorgen. Nach einem Jahr Pandemie gehen Reisebüros, Einzelhändler, Dienstleister, Gastronomen und andere auf dem Zahnfleisch.

Die eigentlich schon fürs zweite Halbjahr 2020 befürchtete Insolvenzwelle ist nicht aufgehoben, sondern – dank staatlicher Hilfen und Eingriffe – mutmaßlich nur aufgeschoben. Die Frage ist, wie groß sie wird. Noch jedenfalls halten Firmen durch. Wer das tut, braucht Hoffnung, ein Ziel. Mit jedem Lockdown-Tag mehr wird es wichtiger, diesen Unternehmen zu sagen, unter welchen Bedingungen es wie weitergehen könnte – gegebenenfalls lokal.

Ja, schon richtig: Ein pandemisches Virus bekämpft man nur durch konsequente Beschränkungen, der „Lockdown light“ war Mist. Beschränkungen aber können nur wirken, wenn sie akzeptiert sind. Vier NRW-Regionen – alle in Westfalen – waren an diesem Dienstag bereits unterm bei Lockdown-Beginn eigentlich angestrebten Inzidenzwert von 50. Die Zahlen gehen seit Wochen in eine Richtung – nach unten. Für Lockerungen ist es angesichts der hochansteckenden Mutationen sicher zu früh, eine Perspektive aber ist fällig.

Quelle: NRZ – Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung – www.nrz.de

Finanzen

Vorsicht, Kryptogeld!

Elon Musks E-Autobauer Tesla hat 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoins investiert. Angesichts riesiger Barreserven wäre es für Musk leicht, die Bitcoin-Notierung weiter nach oben zu treiben. Solch zirkuläre Effekte gab es schon immer in der Finanzwelt, sie haben sich aber im Zuge der Digitalisierung verstärkt. Bei Bitcoin steckt dahinter, dass sich der „Wert“ der „Währung“ allein durch Angebot und Nachfrage ergibt. Es fehlt eine regulierende Instanz wie eine Notenbank. Verliert Musk den Spaß an Bitcoins, fällt der Kurs. Das zeigt, wie gewaltig die Sprengkraft der digitalen Finanzwelt ist. Zirkuläre Effekte können außer Kontrolle geraten und die reale Ökonomie aus den Angeln heben. Die Notenbanken und die Politik müssen Regularien für virtuelle Währungen schaffen – ohne dabei technische Innovation abzuwürgen. Für Investoren, die halbwegs seriös unterwegs sind und sich Totalverluste nicht leisten können, kann das vorerst nur heißen: Finger weg vom privaten Kryptogeld.

Quelle: Frankfurter Rundschau – www.fr.de

Mitteldeutsche Zeitung zu Tesla/Bitcoin

Elon Musks Elektroautobauer Tesla hat 1,5 Milliarden Dollar in Bitcoins investiert und könnte den Wert noch weiter nach oben treiben. Allein schon die Möglichkeit kann den Kurs anschieben, weil Spekulanten auf Steigerungen setzen und Bitcoins erwerben, was wiederum den Kurs hochtreibt. Diese zirkulären Effekte in der Finanzwelt haben sich im Zuge der Digitalisierung verstärkt. Bei Bitcoin ergibt sich der „Wert“ der „Währung“ allein durch Angebot und Nachfrage. Verliert Musk den Spaß am Bitcoin, kann er so den Kurs in kürzester Zeit in den Keller schicken. Das alles zeigt, wie gewaltig die Sprengkraft der digitalen Finanzwelt ist.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Welt

Israel

Ein großer Fortschritt

Weltstrafgericht eröffnet Verfahren wegen mutmaßlicher (Kriegs-)Verbrechen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten. Von Andreas Zumach.

Der Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hat nach über sechsjährigen Beratungen endlich entschieden, Verfahren wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den seit 1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebieten zu eröffnen – ein großer Fortschritt. Denn die Menschenrechtsnormen, die nach 1945 vereinbart wurden, gelten universell und ausnahmslos für alle. Und wichtig: Die Entscheidung des IStGH ist nicht einseitig gegen Israel gerichtet. http://mehr.bz/bof8602

Quelle: Badische Zeitung – www.badische-zeitung.de

Russland

Mitteldeutsche Zeitung zu Russland

Es sieht ganz danach aus, als ob Moskau sich jetzt in der Sache Nawalny völlig verhärtet. Zu groß sind die persönlichen Angriffe auf den Machtmenschen Wladimir Putin, als dass er einen wie Nawalny als Mitbewerber um das Amt des Präsidenten dulden könnte. So viel Freiheit gibt die „gelenkte Demokratie“ nicht her, und Putin ist auch nicht der Mann fürs Polit-Entertainment, wie es Nawalny liegen würde. So weit lässt es Russland gar nicht erst kommen und nimmt für seine harte Haltung als Großmacht auch gern Kritik „von unten“ in Kauf. So werden in den Beziehungen zu Westeuropa gerade neue Grenzsteine gesetzt.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Steinmeiers Brücke zu Russland

Im Streit um die Inhaftierung Nawalnys kommt eine gefährliche Eskalationsspirale zwischen Moskau und dem Westen in Gang. Von Jan Emendörfer.

Keine Frage, die deutsch-russischen Beziehungen sind mit der Inhaftierung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und den darauffolgenden Protesten auf einem Tiefpunkt angelangt, der an die Eiszeit unter Leonid Breschnew in den 1970er Jahren erinnert. Damals standen sich der Ostblock und Westeuropa feindselig gegenüber. Der Unterschied: Mit Willy Brandts neuer Ostpolitik kam der Westen Stück für Stück wieder mit Moskau ins Gespräch. Jetzt, so hat man den Eindruck, wird eine Leitung nach der anderen gekappt und das betrifft nicht nur Gas-Pipelines. Die gegenseitige Ausweisung von Diplomaten, die am Montag Abend mit der Reaktion Berlins auf zuvor erfolgte Brüskierungen seitens Moskaus ihren vorläufigen Höhepunkt fanden, sind Beleg dafür. Der Ton wird rauer, es wird Gleiches mit Gleichem vergolten, und die Russen ließen in ihrer Erklärung zur Ausweisung eines ihrer Mitarbeiter keinen Zweifel, dass sie „unfreundliche Schritte“ weiterhin „verhältnismäßig erwidern“ werden.

Es sieht ganz danach aus, als ob Moskau sich jetzt in der Sache „Nawalny“ völlig verhärtet. Die Reise geht – so wie früher – in Richtung Straflager. Zu groß sind die persönlichen Angriffe auf den Machtmenschen Wladimir Putin, als dass er einen wie Nawalny als „normalen“ Mitbewerber um das Amt des Präsidenten dulden könnte. So viel Freiheit gibt die „gelenkte Demokratie“ nicht her, und Putin ist auch nicht der Mann fürs Polit-Entertainment wie es Nawalny liegen würde und wie es die Amerikaner vormachen, wenn etwa Donald Trump im TV Joe Biden „Sleepy Joe“ nennt.So weit lässt es Russland gar nicht erst kommen, und nimmt für seine harte Haltung als Großmacht auch gern Kritik „von unten“ in Kauf.

So werden in den Beziehungen zu Westeuropa gerade neue Grenzsteine gesetzt. Das musste in der vergangenen Woche auch der oberste EU-Diplomat Josep Borell leidvoll erfahren, als ihn Russlands Außenminister Sergej Lawrow beim Empfang in Moskau in einer Art diplomatischer Lehrstunde auflaufen lies. Während Borell nach guten Worten rang, gab Moskau die Ausweisung dreier westeuropäischer Diplomaten bekannt und setzte damit die Eskalationsspirale in Gang.

In solch einer festgefahrenen Situation ist jedes kluge Wort, jede beschwichtigende Geste willkommen. Ein Art der Politik, wie sie Frank-Walter Steinmeier beherrscht. Vor dem Hintergrund, dass sich am 22. Juni der Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion zum 80. Mal jährt, stellte der Bundespräsident dieser Tage in einem Interview fest, dass „mehr als 20 Millionen Menschen der damaligen Sowjetunion“ diesem Krieg zum Opfer gefallen sind. Das rechtfertige kein Fehlverhalten in der russischen Politik heute, sagte Steinmeier, „aber das größere Bild dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren“. Genau dieses „größere Bild“ lässt mancher Politiker derzeit vermissen, wie etwa der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, wenn er nun auf kleinkarierte Art Steinmeier „Geschichtsverdrehung“ vorwirft, als sei dieser ein Pennäler. Melnyk moniert, es sei nicht legitim, die Opfer der NS-Terrorherrschaft „ausschließlich Russland zuzuschreiben.“ Das hat Steinmeier nicht getan. Er sprach von der Sowjetunion, und die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik war damals integraler Bestandteil dieses großen kommunistischen Vielvölkerstaates. Wie Melnyk könnten jetzt seine Berliner Amtsbrüder aus Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan auf die Barrikaden gehen und kritisieren, ihre Opfer seien nicht expressis verbis erwähnt worden.

Was soll das? Und wem nützt das? Steinmeier hat Recht: Wir sollten das große Ganze im Blick behalten!

Quelle: Mittelbayerische Zeitung – www.mittelbayerische.de

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