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Antisemitismus stärker in Justiz verankern

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Die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat gemeinsam mit Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, die Ergebnisse der Herbstsitzung der „Gemeinsamen Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens“ (BLK) vorgestellt.

Die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat am Freitag (26. November 2021) gemeinsam mit Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, die Ergebnisse der Herbstsitzung der „Gemeinsamen Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens“ (BLK) vorgestellt. Leutheusser-Schnarrenberger und Dr. Klein haben den Vorsitz der BLK inne. Schwerpunkt des Treffens im historischen Rathaus in Köln war das Thema Antisemitismus und Justiz.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: „Wir stellen leider fest, dass Jüdinnen und Juden wenig Vertrauen in die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden haben. Deshalb werden nach Erhebungen nur etwa 20 Prozent antisemitischer Vorfälle zur Anzeige gebracht. Eine Vielzahl antisemitischer Übergriffe werden zudem nicht als solche erkannt. Für den Rechtsstaat ist das Vertrauen in die Justiz aber eine essentielle Voraussetzung.“

„Eine Vielzahl antisemitischer Übergriffe werden zudem nicht als solche erkannt. Für den Rechtsstaat ist das Vertrauen in die Justiz aber eine essentielle Voraussetzung.“

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Antisemitismusbeauftragte NRW

Die Mitglieder der Bund-Länder-Kommission haben nach intensiver Diskussion mit Expertinnen und Experten einen Beschluss mit sechs zentralen Forderungen verabschiedet, um diesem Vertrauensverlust zu begegnen und die Stafverfolgungsorgane in ihrem Vorgehen gegen Antisemitismus zu stärken. Ein zentrales Anliegen sei es, so Leutheusser-Schnarrenberger, eine systematische und verpflichtende Befassung mit Antisemitismus in der Aus- und Weiterbildung von Richtern, Staatsanwälten und anderen Angehörigen der Justiz zu verankern, sie für das Thema zu sensibilisieren und ihnen die notwendigen Instrumente an die Hand zu geben.

Um antisemitische Codes und Stereotypen sowie die unterschiedlichen Ausprägungen von Antisemitismus und antisemitischer Straftaten zu erkennen, solle den Staatsanwaltschaften in allen Bundesländern ein Leitfaden zur Verfügung zu gestellt werden.

Um das Vertrauen in die Rechtspechung zu stärken, müsse das grundsätzliche Anliegen deutlich werden, dass in den Staatsanwaltschaften alles getan wird, um ein Strafverfahren durchzuführen. Zudem bedürfe es transparenter Kommunikation über die Entscheidungsgrundlage der Gerichte und Staatsanwaltschaften.

„Wir haben uns darauf verständigt, die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern zu bitten, sich dafür einzusetzen, dass Antisemitismusbeauftragte bei den (General-)Staatsanwaltschaften berufen werden.“

Dr. Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland

Dr. Felix Klein: „Spezialisierung, Kooperation und Transparenz sind wesentliche Elemente zur Verbesserung der Arbeit der Justiz. Einige Bundesländer gehen hier mit gutem Beispiel voran. Wir haben uns darauf verständigt, die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern zu bitten, sich dafür einzusetzen, dass Antisemitismusbeauftragte bei den (General-)Staatsanwaltschaften berufen werden. Dafür schätze ich die Bund-Länder-Kommission und die länderübergreifende Zusammenarbeit, die das Gremium ermöglicht.“ 

In der Herbstsitzung, die aufgrund der pandemischen Lage hybrid sttattfand, berichteten der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, und die Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Oberstaatsanwältin Claudia Vanoni, von ihren Erfahrungen in der Justiz. Der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen bei der Staatsanwaltschaft Köln, Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, gab einen Überblick über die Strafverfolgung antisemitischer Taten im Netz, besonders zur Volksverhetzung. Auch die Leiterin des Zentrums für Interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW, Dr. Jessica Schrinner, berichtete von ihrer Tätigkeit. Der Autor und Journalist Dr. Ronen Steinke gab einen Überblick über die antisemitische Gewalt und die Reaktionen der Justiz in Deutschland in der jüngsten Vergangenheit.

Als weitere Gäste berichteten Vorstandsmitglieder des Vereins „321 – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V. “ über die große Breitenwirkung des Festjahres. Die Wahl des Ausrichtungsortes der Herbstsitzung der Bund-Länder-Kommission fiel auf die Stadt Köln als Ausgangspunkt des Festjahres. Den Abschluss bildete ein Empfang bei der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, Henriette Reker. Hier trugen sich Dr. Felix Klein und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in das Gästebuch der Stadt ein.

Hintergrund

Die Bund-Länder-Kommission (BLK) zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens ist im Jahr 2019 auf Beschluss der Bundeskanzlerin und der Regierungschefinnen und -chefs der Länder gegründet worden. Das Gremium tritt turnusmäßig vier Mal im Jahr zusammen – unter dem Vorsitz von Dr. Felix Klein und einem jeweils wechselnden Co-Vorsitz aus dem Kreis der Länder, vertreten durch ihre Antisemitismusbeauftragten oder die mit der Aufgabe betrauten Ansprechpartner. Zentrale Aufgabe der BLK ist eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern zu ermöglichen, um gemeinsam und entschlossen gegen Antisemitismus in Deutschland vorzugehen. Nordrhein-Westfalen übergibt den Co-Vorsitz an Niedersachsen im Oktober 2022.

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(red) Pressemitteilungen und andere Veröffentlichungen.
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