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Presseschau 1. Februar 2021

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Diese Themen waren am 1. Februar 2021 Gegenstand von Berichterstattung in der Presse.

Rechtsextremismus

Kommentar zu den Erkenntnissen einer Bertelsmann-Studie zu AfD-Wählern

Antifaschist*innen mögen mitunter entnervt reagieren, dass eine Bertelsmann-Studie aktuell feststellt, was Kritiker*innen der AfD seit Jahren beinahe gebetsmühlenartig erklären: Eine Mehrheit ihrer Anhängerschaft wählt die Partei nicht aus Protest, sondern weil sie mit ihren rechtsextremen Einstellungen eine politische Heimat gefunden haben.

Diese Erkenntnis immer wieder wissenschaftlich zu untersuchen und als Forschungsergebnis festzuhalten, ist aus vielen Gründen wichtig, gerade auch im Superwahljahr 2021. Insbesondere die Unionsparteien müssen aus der Studie strategisch für sich ableiten, dass ein Wahlkampf mit rechtspopulistischen Forderungen nicht dazu führen würde, nennenswerte Teile der AfD-Wählerschaft umzustimmen. Für einen messbaren Effekt müsste die Union derartig viele migrationsfeindliche, chauvinistische und autoritäre Positionen übernehmen, dass sie zu einer „AfD 2.0“ mutierte. Die extreme Rechte hätte damit allerdings der pluralistischen Gesellschaft eine schwere Niederlage zugefügt. Dies wäre fatal.

Gleichfalls lässt sich aus der Studie die frustrierende Nachricht ableiten, dass es nicht das eine demokratische Patentrezept gibt, um die AfD zurückzudrängen. Nicht so wie sie zu werden, ist allerdings schon ein Anfang.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Lobbyismus

FDP fordert Forschung zu Insektenrückgang statt Einschränkungen in der Landwirtschaft

Antrag der Bundestagsfraktion – Agrarpolitiker Hocker: Schulzes Gesetz rettet kein einziges Insekt

Osnabrück. Die FDP im Bundestag fordert, den Insektenschutz in Deutschland „auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse aufzubauen“. Das berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) unter Berufung auf einen Antrag der Fraktion. Darin heißt es: „Es genügt nicht, einen nicht näher bestimmten Insektenrückgang zu unterstellen, den es zu bekämpfen gelte.“ Die FDP fordert Untersuchungen dazu, ob überhaupt politischer Handlungsbedarf zum Schutz von Biene und Co. besteht, und falls ja, wie geeignete Schutzmaßnahmen aussehen könnten.

Die Fraktion reagiert mit ihrem Antrag auf den anhaltenden Streit in der Bundesregierung um ein Insektenschutzgesetz. Das Umweltministerium hat einen Entwurf präsentiert, der neben Maßnahmen zur Eindämmung der Lichtverschmutzung auch Einschnitte in der Landwirtschaft vorsieht. Das Agrarministerium sieht berechtigte Interessen der Bauern nicht ausreichend berücksichtigt.

FDP-Agrarpolitiker Gero Hocker rief CDU und CSU in der „NOZ“ dazu auf, den Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Umweltministerium zu stoppen: „Mit dem sogenannten Insektenschutzgesetz will Umweltministerin Schulze die Landwirtschaft in Deutschland weiter behindern.“ Das Gesetz wird „kein einziges Insekt“ retten, weil es biologische Zusammenhänge außer Acht lasse, sagte Hocker unter Verweis auf die von der FDP geforderten Untersuchungen. „Frau Schulze und die SPD vernichten Ernten, ohne Insekten zu helfen“, so Hocker.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Kommentar von Sascha von Gerishem: „Der wiedergekäute Vorwurf, dass der Landwirtschaft geschadet statt Insekten geschützt werden sollen, ist so alt wie die Ideen der FDP zur Zukunft. Narrative wie dieser bringen der FDP zunehmend Vergleiche mit den Verschwörungsideologien der AfD-Politiksimulierenden ein. Zwischen idyllischer Landwirtschaft und der Landwirtschaftsindustrie, die Gero Hocker als „Landwirtschaft“ in einen Topf wirft und doch nur die Industrie mit Verve verteidigt, liegen Welten. Erdbeere sollte Erdbeere sein, nicht Schimmelpilzextrakt aus Totholz. Seit fast 30 Jahren behandeln die Vereinten Nationen das Thema Insektensterben, für die FDP dem Anschein nach noch zu neumodisch und unerforscht. Wer das anders sieht, kann mit seiner Unterschrift für die Volksinitiative Artenvielfalt in NRW die Politik zum Handeln auffordern: https://artenvielfalt-nrw.de/

Corona

Stuttgarter Nachrichten: Kommentar zum Impfgipfel

Statt Tempo aufzunehmen, verläuft die Impfkampagne noch langsamer als erwartet. Der Eindruck, die EU habe naiv verhandelt, aus Kostengründen zusätzlich angebotene Impfstoffdosen ausgeschlagen und somit nicht alles für den Schutz ihrer Bürger getan, kann existenzbedrohend werden.

Umso wichtiger war es, dass der Impfgipfel ein realistisches Lagebild zu zeichnen versucht hat: Die deutsch-europäische Strategie ist noch kein „Impffiasko“ – auch die EU ging früh ins Risiko, bestellte die richtigen Vakzine. Es läuft aber nicht alles nach Plan, wie die Kanzlerin und ihr Gesundheitsminister meinen. Um noch mehr Verdruss zu vermeiden, muss nun klar werden, wer im ersten Quartal bei weniger Menge wirklich geimpft werden kann. Alles andere ist Gift für den arg strapazierten Corona-Durchhaltewillen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten – www.stuttgarter-nachrichten.de

Mitteldeutsche Zeitung zu Corona und Impfen

Die von Bund und Ländern geweckte Erwartung eines schnellen Impfstarts wurde bitter enttäuscht. Mit der Unzuverlässigkeit von Pharmaunternehmen konnte die Politik vielleicht nicht rechnen, aber sie muss und kann ihnen Druck machen, wie es der Fall Astrazeneca zeigt.Das nächste heikle Thema werden schnelle Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen bei sinkenden Zahlen der Neuinfektionen und steigenden Zahlen der Impfungen sein. Es ist noch gar nicht sicher, dass Geimpfte die Krankheit nicht übertragen können, da sprechen schon die ersten Spitzenpolitiker von Privilegien für sie. Sollte es dazu kommen, dass sie mehr Freiheiten bekommen werden als Nicht-Geimpfte, besteht die Gefahr, dass die Kurve der Neuinfektionen wieder nach oben schnellt.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Der Impf-Gipfel muss liefern

Der Staat darf sich von Pharma-Konzernen nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Nur mit den versprochenen Dosen lässt sich Vertrauen zurückgewinnen. Von Kristina Dunz.

Für die Bekämpfung der Corona-Krise muss oft die Metapher Marathon herhalten. Das ist aber untertrieben. Denn diesen langen Lauf tritt normalerweise nur an, wer hart dafür trainiert hat. Die Corona-Pandemie hingegen muss aus dem Stand gemeistert werden. Es gibt keine Übung, keinen Testlauf. Die Erkenntnis kommt erst Schritt für Schritt. Deshalb fußen Ankündigungen von Politikern auch eher auf Plänen und Prognosen als auf Wissen.

Bund und Länder machen nach gemeinschaftlicher Rückkoppelung mit den Herstellern nun einen neuen Anlauf für eine Strategie, wie erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik in Rekordzeit fast die gesamte Bevölkerung gegen das Corona-Virus geimpft werden kann. Aber auch der schönste nationale Impfplan nützt wenig, wenn nicht einmal die Terminvergabe klappt, ganz zu schweigen von Lieferkürzungen der Hersteller.

Damit der Impf-Gipfel der Kanzlerin und Länderregierungschefs und -chefinnen mit Pharmafirmen keine Symbol-Politik bleibt, muss bei aller schon bisherigen Kraftanstrengung jetzt dies dringend obendrauf gesattelt werden: Verbindlichkeit, Verlässlichkeit, Vertrauen. Auf allen Ebenen.So sensationell schnell Biotechnologieunternehmen derzeit einen Impfstoff entwickeln und produzieren und dafür bejubelt werden können – auch sie sind (jetzt schwer verdienende) Wirtschaftsbetriebe, die sich an Verträge halten – oder andernfalls konsequent zur Rechenschaft gezogen werden müssen. In dieser hochsensiblen Frage können versprochene Impfdosen nicht mal eben ausbleiben, weil die Firmen plötzlich andere Prioritäten setzen. Es geht nicht um Schuhe oder Autos, es geht um einen Stoff, der über Leben und Tod entscheiden kann. Das wissen die Hersteller selbst am besten.

Hotlines, die stunden- und sogar tagelang nicht zu erreichen sind, brechen das Versprechen, dass es bei Anruf wenigstens Hilfe gibt. Wenn auch noch keinen Termin, weil entgegen der Erwartung, dass jetzt alle über 80-Jährigen geimpft werden, nicht genügend Impfstoff vorhanden ist. Und Politikerinnen und Politiker sollten zugleich deutlich machen, dass ihre Grundlage für Entscheidungen vorerst keine Gewissheit ist. Denn es gibt weiterhin viele Unbekannte: Bleibt es wirklich bei den Impfstoff-Lieferungen im zweiten Quartal? Decken die Impfstoffe Mutationen ab? Wie schnell werden die ausgefallenen Impftermine nachgeholt? Wird es parallel dazu zusätzliche Termine geben? Funktionieren die Hotlines dann besser? Die von Bund und Ländern geweckte Erwartung eines schnellen Impfstarts wurde bitter enttäuscht. Mit der Unzuverlässigkeit von Pharmaunternehmen konnte die Politik vielleicht nicht rechnen, aber sie muss und kann ihnen Druck machen, wie es der Fall Astrazeneca zeigt.

Das nächste heikle Thema werden möglichst schnelle Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen bei sinkenden Zahlen der Neuinfektionen und steigenden Zahlen der Impfungen sein. Es ist noch gar nicht sicher, dass Geimpfte die Krankheit nicht übertragen können, da sprechen schon die ersten Spitzenpolitiker von Privilegien für sie. Sollte es dazu kommen, dass sie mehr Freiheiten bekommen werden als Nicht-Geimpfte, besteht die Gefahr, dass die Kurve der Neuinfektionen – vor allem wegen des aggressiveren mutierten Virus – wieder nach oben schnellt.

Um im Bild zu bleiben: Ein Marathon aus dem Stand ist eine brutal harte Prüfung. Und jeder Rückschlag kostet zusätzlich Kraft. Der Impf-Gipfel muss dazu dienen, die durch Irritation der Bürgerinnen und Bürger schon zu Beginn verpulverte Energie zurückzugewinnen und die bevorstehenden Anstrengungen zu skizzieren. Wem die Länge der Strecke bewusst ist, sprintet nicht wild drauf los. Ein Marathon ist schließlich auch Kopfsache.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung – www.mittelbayerische.de

SPD: Positive Tests in Altenheimen auf Mutationen untersuchen

Die SPD im Düsseldorfer Landtag fordert die schwarz-gelbe Landesregierung auf, positive Coronatests in Seniorenheimen grundsätzlich auf Mutationen untersuchen zu lassen. Aus der Serie von Todesfällen in einem Leverkusener Seniorenheim müssten „weitreichende Schlüsse“ für die Test-Systematik gezogen werden, sagte SPD-Gesundheitsexperte Josef Neumann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstagausgabe). „Wir müssen positive Corona-Tests viel breiter und flächendeckender auf Mutationen untersuchen lassen – so wie das in Solingen und Düsseldorf schon der Fall ist. Insbesondere in zentralen Einrichtungen wie Seniorenheimen sollte das landesweit standardmäßig passieren“, erklärte der SPD-Politiker. Sobald dort ein positiver Corona-Fall auftrete, sollten Schnell-Testungen für die Bewohner und das Personal täglich durchgeführt werden – und nicht nur wöchentlich, so Neumann.

Bislang 3,7 Milliarden Euro Corona-Hilfen an 193.738 Soloselbstständige ausgezahlt

Antwort des Arbeitsministeriums – Linkspartei fordert Aufstockung

Osnabrück. Der Staat hat bis Ende Januar 3,7 Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Soloselbstständige ausgezahlt. 193.738 Soloselbstständige haben Geld erhalten. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) vorliegt. Zur konkreten Anzahl der Anträge lägen allerdings keine Daten der Bundesländer vor, heißt es in der Antwort.

Die Linkspartei kritisierte die Unterstützung als unzureichend und zu kompliziert. „Viele Soloselbstständige fallen noch immer durchs Raster, sodass sie leer ausgehen“, erklärte Linken-Sozialexpertin Sabine Zimmermann im Gespräch mit der „NOZ“. „Soloselbstständigen muss endlich schnell und zielgerichtet geholfen werden“, sagte sie. „Wir fordern einen unbürokratisch ausgezahlten fiktiven Unternehmerlohn in Höhe von monatlich 1.200 Euro, zusätzlich zur Kompensation der Betriebskosten.“

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Verbindliche Perspektive

Kommentar von Dominik Bath zur coronageplagten Wirtschaft

Die Zahlen sind in vielen Branchen dramatisch. Im neuen Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern (IHK) aus Berlin und Brandenburg regiert in vielen Teilen der Wirtschaft Angst und Ratlosigkeit. Schuld daran sind natürlich die Auswirkungen des Coronavirus – für die niemand etwas kann. Bitter ist für manchen Unternehmer aber auch die Perspektivlosigkeit, die sich in den vergangenen Wochen aufgetan hat: Daran trägt auch die Politik eine Verantwortung. Denn Bund und Länder haben es bislang versäumt, eine klare Öffnungsperspektive zu formulieren. Einhergehend mit der zähen Auszahlung der versprochenen Hilfen zermürbt das viele Unternehmer zusätzlich.

Für die nächsten Wochen wird es nun wichtig sein, einen klaren Öffnungsfahrplan aufzuzeigen. Die Kommunikation zu den Fragen, welche Branche ab wann und unter welchen Inzidenzwerten öffnen kann, ist bislang viel zu kurz geraten. Unternehmen nicht nur in Berlin fragen sich aber genau das und müssen darauf auch ihre Jahresplanung aufbauen. Wichtig ist also Verlässlichkeit und natürlich die Voraussetzung, dass der Lockdown Wirkung zeigt und somit die Infektionszahlen weiter fallen und nicht erneut ansteigen.

Abzuwarten bleibt weiter, wie sehr sich die schlechten Konjunkturzahlen auf bislang nicht so betroffene Branchen auswirken. Die Bauwirtschaft in Berlin verzeichnet erstmals kleinere Dämpfer. Dort sehen weniger Unternehmen als noch im Herbst eine gute Perspektive, was sich auch auf die Anzahl der Beschäftigten auswirken könnte. Es ist deshalb jetzt auch weiterhin wichtig, branchenübergreifende Auswirkungen abzufedern. Eine wie von der IHK angeregte Lastenverteilung zum Beispiel bei den Gewerbemieten scheint deshalb sinnvoll. Aber auch dabei ist die Politik gefragt, einen Rahmen zu setzen und vor allem schnell zu handeln.

Quelle: Berliner Morgenpost – www.morgenpost.de

Feiertage sollen als Corona-Bonus nachgeholt werden

Feiertage sollen in diesem Jahr auch als Corona-Bonus für Arbeitnehmer nachgeholt werden. Wie die „Saarbrücker Zeitung“ (Montag) berichtet, machen sich dafür Politiker und Abgeordnete des Bundestages stark.

Hintergrund ist, dass diesmal ungewöhnlich viele Feiertage auf ein Wochenende fallen, darunter der Tag der Arbeit am 1. Mai, der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober sowie die Weihnachtsfeiertage. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der Zeitung, da dies so sei, „wäre es eine Anerkennung und ein einfacher Corona-Bonus, wenn der darauffolgende Montag dann frei wäre für die Beschäftigten“. In anderen Ländern wie Belgien, Großbritannien und Spanien gibt es einen solchen Ausgleich bereits.

Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, forderte eine Pflicht zum ersatzweisen Ausgleich durch Arbeitgeber. Das Arbeitszeitgesetz müsse entsprechend geändert werden, sagte Schindler der Zeitung. Schließlich dürfe es nicht sein, dass durch Feiertage am Wochenende Beschäftigte insgesamt mehr arbeiten müssten.

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, betonte: „Feiertage sind für die Menschen Tage der Erholung.“ Deshalb müsse nun „unaufgeregt“ über das Thema debattiert werden.

Quelle: Saarbrücker Zeitung – www.saarbruecker-zeitung.de

Politik

Wohl eher ein Reförmchen

Jahrelang hatte die Bundesregierung Zeit, sich über den stetig wachsenden Bundestag zu beraten, zu debattieren, abzuwägen, an einer zielführenden Lösung zu arbeiten. Herausgekommen ist: nichts. Die im Oktober von der GroKo beschlossene Reform hat den Namen nicht verdient. Sie ist bestenfalls ein Reförmchen, das einzig und allein den Zweck hatte, nicht mit leeren Händen dazustehen und wenigstens irgendetwas vorlegen zu können.

Quelle: Straubinger Tagblatt – www.idowa.de

Mitteldeutsche Zeitung zur Wahlrechtsreform

Union und SPD wissen selbst, dass es sich bei ihrer Reform allenfalls um eine kleine Reparaturarbeit handelt, das Land aber etwas ganz anderes braucht: einen grundlegenden Wandel des Wahlrechts. Denn das Parlament ist viel zu groß und könnte sogar noch weiter wachsen. Dabei muss es deutlich kleiner werden.

Diesen Wandel zu bewerkstelligen, ist objektiv schwierig. Das hat mit der Mischung von Verhältnis- und Direktwahl der Abgeordneten zu tun. Es hat aber auch damit zu tun, dass jede Korrektur die Interessen der beteiligten Parteien berührt. Und seit der Bundestagswahl 2017 sitzen noch zwei Fraktionen mehr im Hohen Haus. Das erschwert die Kompromissbildung zusätzlich. Das heißt: Egal, wie die Klage ausgeht – es wird sich nichts Grundsätzliches ändern.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung – www.mz-web.de

Kampf gegen Windmühlen

Kommentar zu Steuerdeals von Detlef Fechtner

Das kann doch wohl nicht sein – und das darf nicht sein: Viele Steuerdeals, die in EU-Staaten zwischen Finanzbehörden und Unternehmen verabredet worden sind, verstoßen gegen jegliches Rechtsverständnis. Etwa, wenn Firmen riesige Forschungsaufwendungen an Standorten geltend machen, an denen die größte Forschungseinrichtung die Stadtbibliothek ist. Oder wenn Finanzämter die Blanko-Erlaubnis ausstellen, dass nur ganz bestimmte Erträge besteuert werden müssen – und alle anderen nicht. Oder wenn der effektive Steuersatz eines internationalen Konzerns an seinem Europasitz unterm Strich nur 0,005 Prozent beträgt. Das kann nicht, das darf nicht sein.

Aber so offensichtlich bei vielen dieser berüchtigten „Steuervorbescheide“ das Motiv der aggressiven Steuervermeidung auch sein mag, so schwierig ist der gerichtsfeste Nachweis. Denn erstens verlangen die Gerichte oft Belege, die sich kaum erbringen lassen – wie etwa lässt sich sicher feststellen, dass ein Unternehmen an bestimmten Standorten gerade keine Patente entwickelt hat? Zweitens sind einige der Rechtskonstruktionen so kompliziert, dass sich einzelne Konzerneinheiten damit rausreden können, die Steuerschuld werde ja an anderer Stelle getilgt. Und drittens stehen den Wettbewerbshütern paradoxerweise nicht nur die Unternehmen gegenüber, die Steuern nachzahlen sollen, sondern auch die Länder, die diese Nachzahlungen erhalten würden – und die nach Kräften die umstrittenen Steuerdeals verteidigen, weil sie hoffen, durch diese großzügige Behandlung die Europa-Zentralen der Konzerne im Land halten zu können.

Der laufende Rechtsstreit um die 13 Mrd. Euro, die der iPhone-Konzern Apple in die irische Staatskasse nachzahlen soll, veranschaulicht, dass die EU-Wettbewerbshüter einen Kampf gegen Windmühlen führen. Der Streit ist in ein Stadium eingetreten, in dem es nur noch um Verfahrensfehler und Begründungsmängel geht. Egal ob es der EU-Kommission gelingt, das erstinstanzliche Urteil zu drehen oder nicht – begreifen werden das nur noch versierte Kartellrechtler. Wenn überhaupt.

Eines ist selbst für juristische Laien augenscheinlich. Aggressiver Steuervermeidung kann die EU kaum mit dem Wettbewerbsrecht beikommen. Sondern nur mit Vorgaben des Steuerrechts. Dafür braucht es endlich des energischen politischen Willens derer, die bislang nur halbherzig gegen die zweifelhaften Steuerdeals vorgegangen sind – aus falscher Rücksicht gegen beteiligte heimische Unternehmen oder befreundete Nachbarstaaten.

Quelle: Börsen-Zeitung – www.boersen-zeitung.de

Umweltministerin Schulze zu Nord Stream: Bei Baustopp drohen juristische Konsequenzen

SPD-Politikerin weist auf gültige Genehmigung – „Deutschland übergangsweise auf Gasimporte angewiesen“

Osnabrück. Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat auf die möglichen juristischen Konsequenzen eines Baustopps der Gaspipeline Nord Stream 2 hingewiesen. Im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte die SPD-Politikerin: „Die Entscheidung zum Bau der Pipeline ist vor vielen Jahren gefallen. Das Projekt ist in einem rechtsstaatlichen Verfahren genehmigt worden. Und es ist fast fertig.“ Würde Deutschland den Bau nun stoppen, „würden wir vermutlich in ein Klageverfahren laufen“.

Am Montag hatte die Regierung in Frankreich vor dem Hintergrund der Verhaftung des russischen Oppositionspolitikers und des Vorgehens gegen seine Anhänger einen Baustopp befürwortet. Auch andere EU-Staaten sowie das EU-Parlament lehnen das Projekt ab. Durch die Pipeline soll Gas von Russland nach Deutschland transportiert werden. Umweltministerin Schulze wies in der „NOZ“ darauf hin, dass Deutschland im Zuge der Energiewende zumindest übergangsweise auf Gasimporte angewiesen sei. „Aber alle Investoren müssen wissen, dass der Verkauf von Gas in Deutschland kein dauerhaftes Geschäftsmodell mehr ist“, so Schulze.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Kommentar zu Kurzarbeit in der Gastronomie

Eigentlich ist Kurzarbeit dafür vorgesehen, im Fall eines überraschenden und kurzzeitigen Auftragseinbruchs in einzelnen Firmen Entlassungen zu vermeiden. In der Coronakrise ist die Ausnahme in Teilen der Wirtschaft zur Regel geworden, doch was ist derzeit schon noch normal?

Insgesamt hat Kurzarbeit in den Lockdowns gute Arbeit geleistet, denn der Konjunktureinbruch schlägt sich bislang nicht in Massenarbeitslosigkeit nieder. Doch während im Frühjahr 2020 nach dem Pandemie-Ausbruch noch eine Sofortreaktion mittels eines bewährten Rezepts die richtige Antwort war, sieht dies fast ein Jahr später anders aus. Über den Sommer hat die Politik die Suche nach alternativen Lösungswegen sträflich vernachlässigt. Doch schon damals war klar, dass Gastronomie und Einzelhandel, vermutlich auch weitere Branchen, auf sehr lange Sicht nicht zur Normalität zurückkehren werden. Auch wenn die verbesserten Bedingungen des Kurzarbeitergeldes gut sind – in den besonders betroffenen Branchen gibt es sehr viele Niedriglöhner, und für diese ist der Verdienstausfall kaum verkraftbar. Und im Vergleich zur Industrie stocken Arbeitgeber hier erst recht nicht auf.

Kurzarbeit verhindert sicher Schlimmeres. Doch eine Kurzzeitmaßnahme kann ein Langzeitproblem niemals lösen.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Linke und Grüne: Bundestag wurde bei Entscheidung über Einsatz in Portugal übergangen

Der Umgang der Bundesregierung mit dem Verteidigungsausschuss in Bezug auf den Einsatz der Bundeswehr in Portugal ist von Oppositionspolitikern scharf kritisiert worden. „Der Einsatz wird öffentlich diskutiert und ein Erkundungsteam ist in Portugal. Die Mitglieder des zuständigen Verteidigungsausschusses wurden, wie bei dieser Ministerin üblich, wieder mal nicht vorinformiert. Zugleich ist unklar, ob Portugal diese Hilfe wirklich angefordert hat“, sagte der Linke-Bundestagsabgeordnete Tobias Pflüger der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „nd.DerTag“ (Dienstagsausgabe).

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) gebe offen zu, dass der Einsatz im Kontext von Corona auch eine Werbemaßnahme für die Bundeswehr sei, so Pflüger. „Dies ist auch einer der Gründe, warum die Soldatinnen und Soldaten diese – individuell sicher beeindruckenden – Hilfsaufgaben in Uniform machen müssen.“

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner sagte gegenüber „nd.DerTag“, ein Mandat des Bundestags sei nicht nötig. „Grundsätzlich erwarte ich jedoch von der Bundesregierung, dass in derartigen Fällen der Verteidigungsausschuss zügig unterrichtet wird und wir als Obleute dies nicht nur ausschließlich über die Presse erfahren.“ Die Pandemie mache nicht vor Landesgrenzen halt, daher unterstütze er es, wenn die Bundeswehr hilft, wo sie helfen kann. „Als die Bundeswehr im vergangen Frühjahr Patienten aus Italien nach Deutschland zur Behandlung transportierte, war das ein gutes Zeichen der Solidarität“, sagte Lindner.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Forsa-Chef wirft FDP Führungsschwäche vor

Bielefeld. Aus Sicht von Forsa-Chef Manfred Güllner hat die FDP große Teile ihrer Stammwählerschaft verprellt. In einem Gespräch mit der Neuen Westfälischen (Montagausgabe) sagte Güllner, die Partei repräsentiere heute „nicht mehr den Mittelständler, den Handwerker oder den leitenden Angestellten – sie hat ihr klares Profil verloren“.

Dabei bescheinigte Güllner dem FDP-Chef Christian Lindner grundsätzlich große Verdienste. „In Nordrhein-Westfalen hat er der FDP wieder zur alten Stärke verholfen und so auch den Wiedereinzug in den Bundestag möglich gemacht.“ Doch seit 2017 habe die FDP unter Lindner „den Kompass verloren“. Dass er sich nach der Bundestagswahl nicht an der Bundesregierung beteiligt habe, „nehmen ihm gerade die Stammwähler der FDP übel“, sagte Güllner. Die Enttäuschung über diese Entscheidung aber „scheint Lindner nicht in der erforderlichen Weise ernst zu nehmen“.

Zudem muss die Lindner-FDP laut dem Gründer des Forsa-Instituts aufpassen, dass sie sich in der Corona-Krise nicht in schrägen Tönen verliert. Es sei „richtig und geboten, die Maßnahmen der Bundesregierung zu hinterfragen“, sagte Güllner. „Doch die Kritik darf nicht zu schrill werden oder ins Fahrwasser der Querdenker oder der AfD geraten.“

Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) – www.nw.de

Corona-Krise: Familiennachzug für Flüchtlinge 2020 um die Hälfte reduziert

Linke kritisiert zu hohe Hürden

Osnabrück. Wegen der Corona-Pandemie hat Deutschland 2020 nur halb so vielen Angehörigen von Flüchtlingen den Familiennachzug gewährt wie im Vorjahr. Insgesamt bekamen im vergangenen Jahr 12.502 Angehörige von Flüchtlingen – die nach internationalem Recht oder als Kriegsflüchtlinge anerkannt worden waren – das Recht, nach Deutschland nachzukommen. Das waren knapp halb so viele wie 2019, als 24.835 Familienangehörige nachziehen durften. Das geht aus der Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine mündliche Frage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) vorliegt. Darin sind Zahlen zu internationalen und sogenannten subsidiären Schutzberechtigten mit eingeschränktem Schutzstatus – häufig Bürgerkriegsflüchtlinge – enthalten.

Auch wenn man den gesamten Bereich der Migration betrachtet, zeigt sich ein Rückgang. Die Zahl der insgesamt zum Familiennachzug erteilten Visa ist im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr gesunken, allerdings weniger stark um 29,3 Prozent auf 75.978 Familienmitglieder (Vorjahr: 107.520).

Grund für die Entwicklung 2020 waren – neben einem insgesamt rückläufigen Trend – vor allem die Beschränkungen des Reiseverkehrs und der Visumsbearbeitung in den Botschaften infolge der Corona-Pandemie. Wie die Bundesregierung schreibt, sind elf Visastellen in zehn Ländern pandemiebedingt für den Publikumsverkehr geschlossen. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, schreibt in seiner Antwort auf die Anfrage der Linken-Politikerin: „Die Visastellen werden den Publikumsverkehr wieder aufnehmen, sobald die Lage dies zulässt.“

Die innenpolitische Expertin der Linken Ulla Jelpke sagte der „NOZ“: „Bei der praktischen Umsetzung des Familiennachzugs gibt es viel zu hohe bürokratische Hürden.“ Vielen Betroffenen werde das Zusammenkommen mit ihren Angehörigen so schwer wie möglich gemacht: „Hier bedarf es eines grundlegenden Wandels im Auswärtigen Amt.“

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

Gesellschaft

Porno-Angriff auf Videounterricht in NRW

In Nordrhein-Westfalen hat es den ersten schwerwiegenden Angriff auf Videounterricht in gegeben. Das berichtet nw.de, das Online-Portal der Neuen Westfälischen (Bielefeld). Im münsterländischen Telgte schaltete sich ein unbekannter Täter in eine Sitzung von Fünftklässlern und zeigte sich den Kindern nackt. Diese waren zum Zeitpunkt des Geschehens alleine in der Videokonferenz des Programms Jitsi und warnten ihre Mitschüler. Die Schulleitung informierte zunächst das Lehrerkollegium und wies darauf hin, wie Sitzungen besser verschlüsselt werden könnten.

Quelle: Neue Westfälische (Bielefeld) – www.nw.de

„Glaubwürdigkeit hängt am seidenen Faden“

Stadtdechant Kleine geht auf Distanz zu Woelki. Erstes Mitglied der Bistumsleitung fordert unmittelbare personelle Konsequenzen aus Missbrauchsgutachten.

Als erster führender Geistlicher aus der Leitung des Erzbistums Köln geht Stadtdechant Robert Kleine, der zugleich Domkapitular und Stellvertreter des Dompropstes ist, im Konflikt um die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs auf Distanz zum Erzbischof, Kardinal Rainer Woelki. Dessen Ansinnen zur Aufklärung sei durch die Zurückhaltung eines Münchner Rechtsgutachtens „desavouiert“, sagte Kleine dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (ksta.de und Montag-Ausgabe).

Er sprach von einer desaströsen Außenwirkung, die sich an hohen Austrittszahlen zeige, aber auch an der „Verzweiflung“ der Gläubigen. Diese würden „mürbe gemacht“ und „ein Stück weit in Mithaftung“ für das Verhalten der Bistumsleitung genommen. Er könne derzeit niemandem einen Kirchenaustritt verdenken.

Kleine stellte sich hinter die Laiengremien des Erzbistums, die von einem völligen Verlust der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens in den Erzbischof gesprochen hatten. „Ich kann das sehr gut nachvollziehen“, sagte Kleine. Er unterstützte auch den Ruf nach personellen Konsequenzen. „In vielen anderen Bereichen übernehmen Führungskräfte sogar politische Verantwortung für Fehler, die sich persönlich nicht einmal zurechnen lassen müssen. Bei uns waren Verantwortliche auch persönlich involviert. Daher müssten sie erst recht sagen: Dafür stehe ich ein.“ Die Namen seien im Übrigen schon heute bekannt. „Alle wissen, wer im Erzbistum in verantwortlicher Position war: Erzbischöfe, Generalvikare, Personalchefs.“ Damit zielte Kleine insbesondere auf die früheren Generalvikare des 2017 verstorbenen Kardinals Joachim Meisner, Norbert Feldhoff (Dompropst a.D.), Dominik Schwaderlapp (heute Weihbischof in Köln) und Stefan Heße (Erzbischof von Hamburg).

Diese Konsequenzen dürften nicht auf die lange Bank geschoben werden, sondern müssten spätestens mit Veröffentlichung eines von Woelki in Auftrag gegebenen Ersatzgutachtens am 18. März bekannt gegeben und vollzogen werden. „Da geht es nicht darum, dass Köpfe gefordert würden. Die Menschen haben vielmehr die berechtigte Erwartung, dass die Befunde der Juristen nach mehrjähriger Arbeit Folgen haben.“ Wenn es überhaupt noch ein Stück Glaubwürdigkeit gebe, dann hänge sie am 18. März am seidenen Faden.

Als Mitglied des Domkapitels gehört Kleine zu den 16 Würdenträgern, denen im Erzbischof Köln das Recht zur Wahl eines neuen Erzbischofs zukommt.

In scharfer Form distanzierte sich Kleine auch vom Kölner Weihbischof Ansgar Puff, der die Berichterstattung der Medien mit Methoden des NS-Reichspropagandaministers Joseph Goebbels verglichen hatte. „Die Nazi-Keule herauszuholen, finde ich nie gut. Ansgar Puff kann es gemeint haben, wie er will: Wenn er ein Video aufnimmt, dann ist das keine spontane, sondern eine überlegte Äußerung. Da kann und muss man ausschließen, dass etwas falsch verstanden werden kann. Am besten, indem man solche Vergleiche gar nicht erst anstellt.“

Puffs jüngste Äußerung falle in eine „Reihe von desaströsen Kommunikationsfehlern“ der Bistumsleitung wie etwa Entschuldigung des Erzbischofs für die an ihm geübte Kritik oder die Vorlage einer Verschwiegenheitserklärung anlässlich eines Hintergrundgesprächs mit Journalisten. Den Eindruck einer Medienkampagne wies er ausdrücklich zurück. „Für das Desaster tragen diejenigen Verantwortung, die es anrichten, nicht diejenigen, die davon berichten.“

Kultur

nd.DerTag: Lars Henrik Gass warnt vor Zerstörung des Kinos

Lars Henrik Gass, Leiter der renommierten Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen, hat vor der Zerstörung des Kinos gewarnt. „Wenn wir jetzt nicht zügig handeln, bleibt nichts mehr vom Kino übrig, was es zu bewahren gäbe“, sagte Gass gegenüber der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „nd.Der Tag“ (Dienstagausgabe). „Schon vor Corona versuchte man die Geschäftsmodelle des Films zu Lasten der Kinos zu retten.“ Die Zuschauerzahlen seien über die vergangenen Jahre dramatisch eingebrochen.

Gass plädiert für eine „Musealisierung“ des Kinos, die Überführung in öffentliche Hand. Man müsse Wirtschafts- und Kulturförderungen trennen, also das Kino vom Filmmarkt entkoppeln und zu einem Gut der öffentlichen Kultur machen. Scharf kritisierte Gass auch die deutsche Filmförderung, die dringend reformiert gehöre. In der jetzigen Form bringe sie weder wirtschaftlich noch künstlerisch befriedigende Ergebnisse, sondern nur Mittelmaß hervor.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Welt

Myanmar

Ein Drama

Kommentar von Michael Klein zum Militärputsch in Myanmar.

Bei dem einen großen Thema, das die Welt seit einem Jahr bewegt, geraten Regionen zunehmend aus dem Blick, in denen sich wahre Dramen abspielen. Wenn es dann, wie in Myanmar, zu einem Militärputsch kommt, horcht die Weltgemeinschaft plötzlich auf. Überrascht sein kann indes niemand davon, dass alle Hoffnungen auf eine dauerhafte demokratische Entwicklung in dem südostasiatischen Land mit der Machtübernahme durch das Militär zunichtegemacht wurden. Hoffnungen, die vor allem mit der Freiheitsikone und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verbunden waren. Doch auch sie konnte den wirtschaftlichen Niedergang des 60-Millionen-Einwohner-Landes nicht stoppen. Dabei machten nach dem Ende der Diktatur 2011 hohe Wachstumsraten zunächst Hoffnung auf eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Blüte. Doch schnell holte die Realität Aung San Suu Kyi ein. Das Militär blieb stets ein Machtfaktor. Und auch vor dem Hintergrund der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit kam es zur Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya, von den Vereinten Nationen als Völkermord eingestuft. Damit machte sich das Land in der demokratischen Welt keine Freunde, wodurch China nun freie Bahn zur Ausdehnung seines Machtbereichs hat. Das alles geschieht mitten in einer weltweiten Pandemie, die in Myanmar den Tourismus zusammenbrechen ließ und der schwächelnden Wirtschaft den Rest gab. Das Drama Myanmars ist damit auch eines der Corona-Pandemie. Und es relativiert manches Drama, das sich in der Pandemie in den wohlhabenden Demokratien abspielt.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz – www.allgemeine-zeitung.de

„Rhein-Neckar-Zeitung“ (Heidelberg) zu: Putsch in Myanmar

Auch Suu Kyi selbst hat einen Anteil an der Entwicklung. Die Friedensnobelpreisträgerin hat in den vergangenen Jahren eng mit den Generälen zusammengearbeitet und sogar die Massaker an den Rohingya toleriert. Damit hat die einstige Freiheitsikone große Teile ihres internationalen Ansehens verspielt und ihre Position als Gegenspielerin des Militärs geschwächt. Trotz aller Defizite bleibt sie aber die Identifikationsfigur für die demokratischen Kräfte des Landes. Der Westen sollte sie in ihrem neuerlichen Kampf daher nach Kräften unterstützen – auch um China Paroli zu bieten, das autoritäre Entwicklungen in seiner Nachbarschaft nur zu gerne befördert.

Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung – www.rhein-neckar-zeitung.de

Kommentar zu Myanmar: Zurück zur Diktatur

Die Tatmadaw, wie Myanmars Streitkräfte genannt werden, scheinen gewillt, das Land wieder in die Isolierung zu führen. Sie rechtfertigen dies mit „Betrug“ bei den Parlamentswahlen im November. Diese endeten mit einer Blamage für die Militärpartei USDP. Kenner des Landes sind überzeugt, dass Aung San Suu Kyi „eine rote Linie“ überschritten haben muss. Womöglich handelt es sich um Pläne für eine Verfassungsänderung, wegen denen es bereits 2018 heftigen Ärger gegeben hatte. Die 2008 von den Militärs erlassene Konstitution, die eine Art „kontrollierte Demokratie“ in Myanmar einführte, sollte laut Aung San Suu Kyis Partei NLD demokratischer werden. Die Generäle, das zeigt die Machtübernahme, wollen lieber zurück zu alten Zeiten der Diktatur.

Quelle: Frankfurter Rundschau – www.fr.de

Kommentar zum Putsch in Myanmar: Zurück auf null

Das zehnjährige Demokratieexperiment in Myanmar ist gescheitert – mit einem Putsch endet der jahrzehntelange Machtkampf von Aung San Suu Kyi mit dem Militär. Zwei Erdrutschsiege ihrer Nationalen Liga für Demokratie und wiederholte Versuche, die in der von der einstigen Junta geschriebenen Verfassung festgelegte Macht des Militärs zurückzudrängen, waren letztlich zu viel: Die Generäle brechen das Experiment ab.

Das ist tragisch, nicht nur für Aung San Suu Kyi, der nun weitere Jahre Hausarrest drohen, zusätzlich zu den 15, die sie nach dem ersten Wahlsieg ihrer NLD im Jahr 1990 bereits verbringen musste. Tragisch ist es auch für die Bevölkerung, deren Sehnsucht nach demokratischer Teilhabe sich 2011 nach fast 50 Jahren Militärdiktatur in einem Aufblühen des zivilgesellschaftlichen Engagements zeigte, das nun bedroht ist. Tragisch ist es auch für die Minderheiten, die für mehr Selbstverwaltung kämpfen. Aung San Suu Kyi hat es auch nicht verstanden, einen Kompromiss mit ihnen zu finden. Doch dieser ist mit der Militärregierung noch weiter in die Ferne gerückt.

Aung San Suu Kyi wurde im Westen häufig falsch eingeschätzt. Ihre Schattenseiten – der Hang, alles alleine entscheiden zu wollen, ihr Fokus auf die buddhistische Bevölkerungsmehrheit und ihre Nähe zum Militär, trotz allem – wurden zuerst übersehen. Nach der brutalen Vertreibung von Rohingya 2017 wurde sie dann nur noch negativ bewertet. Der Putsch macht noch einmal die Fragilität des Demokratieexperiments deutlich und zeigt, wie beengt der Handlungsspielraum im Machtkampf mit dem Militär war.

Ob Myanmar nun in Richtung Instabilität abgleitet oder ruhig bleibt, hängt an Militärchef Min Aung Hlaing und seinen Generälen. Regieren sie mit harter Unterdrückung oder mit versöhnlichen Gesten? In jedem Fall wird die betrogene Bevölkerung den Putsch nicht vergessen.

Quelle: neues deutschland – www.neues-deutschland.de

Russland

Gyde Jensen fordert Sanktionen gegen Russland

FDP-Menschenrechtspolitikerin sieht Menschenrechte auf „massive Art und Weise verletzt“ – Moratorium für Nord Stream 2 in Erwägung ziehen

Osnabrück. Angesichts der staatlichen Gewalt gegen Demonstranten in Russland hat die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Gyde Jensen (FDP), eine deutliche Reaktion der EU und der Bundesregierung gefordert. „Wenn in unserer unmittelbaren Nachbarschaft Menschenrechte auf eine so massive Art und Weise verletzt werden, wie das in den vergangenen Wochen in Russland passiert ist, dann braucht es eine deutliche Reaktion der EU“, sagte Jensen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). „Die EU-Außenminister haben bei ihrem letzten Treffen auf den Prozess gegen Nawalny vertröstet. An diesem Dienstag startet das durch und durch politische Verfahren, das über das Schicksal von Russlands prominentestem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny entscheiden soll. Diesen Hebel, den sich die EU-Außenminister mit diesem Aufschub gegeben haben, müssen sie bis zum Urteilsspruch auf allen diplomatischen Ebenen nutzen“, sagte die FDP-Politikerin.

Jensen forderte Konsequenzen der Bundesregierung ein, sollte es zu einer Verurteilung des Oppositionspolitikers Nawalny kommen. „Wenn Nawalny zu einer Haftstrafe verurteilt wird und die Gewalt gegen Protestierende und Journalisten weiter eskaliert, dann müssen endlich konkrete Konsequenzen folgen. An dieser Reaktion hängt die menschenrechtspolitische Glaubwürdigkeit der EU“, so Jensen. Mit dem neuen Sanktionsmechanismus gegen Menschenrechtsverletzer stünde der EU ein passendes Instrument zur Verfügung, das zielgenau die Verantwortlichen trifft. „Jetzt können und sollten die EU-Außenminister zeigen, dass der Sanktionsmechanismus nicht nur ein PR-Stück der deutschen Ratspräsidentschaft war, sondern als wirksames Instrument im geopolitischen Werkzeugkoffer der EU auch zum Einsatz kommt.“ Auch Deutschland könne mit Nord Stream 2 „ein wichtiges Ausrufezeichen nach Moskau senden“. „Die Bundesregierung muss sich die Frage gefallen lassen, was in Russland noch passieren muss, bis sie endlich anfängt, ein Moratorium der Pipeline zumindest in Erwägung zu ziehen“, sagte Jensen der „NOZ“.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung – www.noz.de

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(red) Pressemitteilungen und andere Veröffentlichungen.
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